Obwohl die Jagd auf Greifvögel seit 1970 verboten ist, werden sie abgeschossen, gefangen oder vergiftet. Dabei ist der Habicht die Zielart Nummer eins der illegalen Greifvogelverfolgung. Die Tiere haben daher über Generationen gelernt, wachsam gegenüber dem Menschen zu sein. Auf dem Land ist der wendige Jäger scheu und kaum zu sehen. Anders in der Stadt: seit den 1980er Jahren besiedeln Habichte immer mehr europäische Metropolen. So weist Berlin mit etwa 100 Brutpaaren bei ganzjährig gesichertem Nahrungsangebot von Straßentauben, Krähen und Elstern und keiner unmittelbaren Verfolgung inzwischen eine der höchsten Siedlungsdichten von Habichten weltweit auf. Neu sind Habichtpopulationen auch in Stadtgebieten Bayerns, so auch in München und Nürnberg.
Der lateinische Gattungsname Accipiter bedeutet „Der Zugreifende“ oder „Der Fangende“. Das ebenfalls lateinische Wort gentilis heißt „Der Edle“ oder „Der Adlige“ und stammt angeblich aus der Zeit, in der nur Adlige diese Greifvogelart zur Beizjagd einsetzen durften. Habicht bzw. Hawk kommt aus der alten teutonischen Sprache und meint ebenfalls einen, der ergreift, fasst oder packt.
Kurze Flügel verleihen dem Überraschungsjäger eine besondere Wendigkeit, sodass er vor allem auch im dichten Unterholz jagen kann. In der Größe ist er mit einem Bussard vergleichbar, wobei das Habichtmännchen deutlich kleiner als das Weibchen ist und deshalb auch Terzel genannt wird. Typisch sind der helle Überaugenstreif und die gelb bis orange gefärbte Iris, die sich bei älteren Habichten bis ins Rubinrote steigern kann.
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Lebenslange Treue
Es sind Glücksmomente, wenn über dem Vorfrühlingswald der Habichtsterzel kreist und dabei seine weißen Unterschwanzdecken leuchten lässt und die lauten Lockrufe beider Partner am oft Jahrzehnte alten, hochaufgebauten Horst ertönen. Hat sich ein Habichtpaar gefunden, baut es seinen Horst in der Astgabel eines hohen Baumes. Die Horste können einen Durchmesser bis zu 1,30 Meter erreichen und werden mehrfach, zum Teil Jahrzehnte lang benützt. Habichtpartner bleiben ein Leben lang zusammen und sind sehr reviertreu.
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Der kraftvolle Tauben und Krähenfänger stand als Vogel des Jahres 2015 stellvertretend für alle illegal verfolgten Greifvogelarten
Zu seinem Beutespektrum gehören nicht nur Rabenvögel und Nagetiere, sondern auch die Arten, die gemeinhin von den Jägern als Niederwild bezeichnet und jagdlich genutzt werden. Wegen seiner Jagdweise als Kurzstreckensprinter oder Pirschfluggreifer kann der Habicht, jede mögliche Deckung nutzend, nahezu alle Beutetierarten, die sein Eigengewicht haben oder oft sogar deutlich schwerer sind, überraschen und schlagen. Je nach Lebensraum erbeutet er auch Säugetiere wie Kaninchen und Eichhörnchen. In Mitteleuropa sind seine Vogelbeute vor allem Ringel- und Haustaube (z.B. auf dem Reiseflug ermattete Brieftauben oder „Straßentauben“ in Städten) sowie Eichelhäher, Drossel und Star. Wo von Jägern viele Fasane ausgesetzt werden, die oft kein normales Fluchtverhalten zeigen, profitiert auch der Habicht von diesem unnatürlich hohen Nahrungsangebot. Habichte schlagen mitunter Schwarzspechte, können Rebhuhn, Birkwild, Zwergtaucher und Sperlingskauz erbeuten – Vogelarten, die im Artenschutz sehr wichtig sind. Der muskelbepackte Schatten taucht oft noch im abendlichen Zwielicht auf und erbeutet Waldohreulen, die auf Feldmausjagd über Felder gleiten und er kennt gemeinschaftliche Übernachtungsplätze von Kornweihen in Feuchtgebieten, um dort seine Chance zu versuchen.
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Gejagter Jäger
Die Realität holt den Kenner ein, wenn Habichtskörbe mit Locktauben gefunden, wenn Beschießungen der Horste festgestellt werden oder immer wieder die Entnahme von Junghabichten aus dem Horst durch Falkner genehmigt wird. Habichte sind ganzjährig geschützt und unterliegen dem Jagdrecht, wodurch Verstöße besonders hart geahndet werden können. Doch lässt das Jagdgesetz das Aushorsten von Habichten zum Zwecke der Beizjagd auf Antrag in Einzelfällen zu. Das Resultat sind dann Habichtshorste, die, weil gut ersteigbar, immer wieder geplündert werden und die man an den Kratzspuren der Steigeisen am Baumstamm leicht erkennen kann.
„In Bayern ist der Habicht als lückig verbreitete, unauffällige Art bekannt“, so Manfred Siering, Vorsitzender der OG-Bayern. „Sein Brutbestand wird auf 2.100 bis 2.800 Paare geschätzt. Eine exakte Erfassung der Siedlungsdichte ist beim Vogel des Jahres 2015 aufgrund eines oft hohen Anteils an Nichtbrütern und schwer aufzufindender Horstplätze recht schwierig. Lokales Fehlen in prinzipiell geeigneten Lebensräumen kann auch durch intensive Verfolgung verursacht sein.“